Muffelwild
Muffelwild (Ovis gmelini musimon)

Allgemeines
Das Muffelwild, ursprünglich auf den Inseln Korsika und Sardinien beheimatet, diente als Ausgangspunkt für die Wiederansiedlung von Wildschafen auf dem Europäischen Kontinent. 1903 wurde Muffelwild erstmals in Deutschland (Schlesien, heute Polen) ausgesetzt. Bis 1910 folgten Auswilderungen in der Göhrde sowie im Ostharz. Heute umfasst der Muffelwildbestand in Deutschland etwa 20.000 Tiere. Bedauerlicherweise gibt es in einigen Bundesländern Bestrebungen, das Muffelwild als überzählige Schalenwildart zu eliminieren. Bei der Entscheidung über den Fortbestand des Muffelwilds in verschiedenen Bewirtschaftungsgebieten sollten jedoch die Qualität (Gesundheitszustand, Schalenerkrankung) und die Populationsgröße entscheidend sein. Feuchte, nasse Reviere sowie Gebiete mit anhaltend hoher Schneelage (30 cm) sind ungünstig. Aus genetischen Gründen sollte die Populationsgröße nicht unter 100 Tiere sinken.

Kennzeichen
Muffelwild ist die kleinste heimische Schalenwildart und zeichnet sich durch einen gedrungenen Körper, kurze, kräftige Läufe und die charakteristischen Schnecken der Widder aus.

Haar und Färbung
Das Sommerhaar ist kurz und braunrot, die Unterseite, Läufe, Spiegel und Äser sind grauweiß. Das Winterhaar ist lang, dicht und schwarzbraun. Widder tragen einen weißgrauen Sattelfleck (Schabracke), es kommen auch schwarze Exemplare vor.
Größe und Gewicht
Widder
- Schulterhöhe: 60-80 cm
- Länge: 120-135 cm
- Gewicht: 35-50 kg
Schafe
- Schulterhöhe: 60-70 cm
- Länge: 110-120 cm
- Gewicht: 25-35 kg
Schnecken
Die Hohlhörner (Schläuche) wachsen von der Basis her ständig nach. Im ersten Lebensjahr schiebt das Lamm etwa 20 cm Schnecke. Nach einer kurzen winterlichen Wachstumsunterbrechung, bei der sich der erste Jahresring bildet, erreichen die Schnecken des einjährigen Widders einen Zuwachs von über 25 cm. Nach 6-8 Jahren gelten die Schnecken als ausgereift. Einwachser und Scheurer müssen stets abgeschossen werden.



Muffelwild im Jahresverlauf
- Zuwachs ca. 70 %
- Brunft ab Oktober
- Setzzeit ab März, 1–2 Lämmer
- Verluste im Frühjahr

Gebiss
Zahnformel: 0-0-3-3 = 32
Der erste Schneidezahn wird nach etwa 18 Monaten gewechselt, der zweite nach etwa 25 Monaten, der dritte nach etwa 33 Monaten und der Eckschneidezahn nach etwa 45 Monaten. Mit etwa 46 Monaten ist das vollständige Dauergebiss ausgebildet.

Geschlechts- und Alterskennzeichen
- Widder sind an den Hornschläuchen erkennbar. Das Alter wird anhand der Schnecken und der sichtbaren Jahresringe geschätzt. Eine feinringige Basis der Schnecke weist auf ein hohes Alter hin. Die Gesichtsmaske vergrößert sich mit zunehmendem Alter.

Losung
Ähnlich der des Hausschafes, im Frühjahr und Sommer breiige Knollen, im Winter eiförmige Beeren.
Fährte
Die Schalenspitzen sind stets gespreizt. Das Geäfter drückt sich auch in der Fluchtfährte nicht ab. Das Trittsiegel eines ausgewachsenen Widders ist etwa 5,5 cm lang und 4,4 cm breit.
Sinne
Muffelwild orientiert sich vorwiegend mit dem Gesichtssinn und äugt sehr scharf. Der Geruchssinn und das Gehör sind ebenfalls gut entwickelt.
Lautäußerungen
Die Lock- und Kontaktlaute ähneln denen des Hausschafes. Widder blöken, Schafe und Lämmer bähen und meckern. Bei Gefahr warnt das Wild mit einem pfeifenden Laut, der durch Aufstampfen mit den Vorderläufen verstärkt wird.
Lebensweise
Muffelwild ist sehr standorttreu, führt jedoch ein unstetes Leben innerhalb des Einstandsgebietes. Schafe mit Lämmern und Schmalschafen bilden Kleinrudel, denen sich Jährlingswidder anschließen können. Reine Widderrudel kommen ebenfalls vor, wobei jüngere Widder sich eher zu größeren Rudeln zusammenfinden, während alte Widder überwiegend in kleinen Gruppen oder allein leben.

Lebensraum
Muffelwild ist anpassungsfähig bezüglich seines Lebensraumes. Bevorzugt werden Laub- oder Laubmischwälder mit hohem Altholzanteil und stufigen Beständen. Mittelgebirgsreviere mit steinigen Passagen oder trockene, sandige Reviere im Flachland sind besonders günstig.

Fortpflanzung
Die Brunft findet zwischen Oktober und Dezember statt. Gut entwickelte Schaflämmer sind bereits im ersten Lebensjahr geschlechtsreif. Stabile Brunftrudel sind selten, und Widder wechseln häufig die Rudel auf der Suche nach brunftigen Schafen. Die Tragzeit beträgt etwa 148 bis 160 Tage, und die Schafe setzen zwischen März und Mai meist ein Lamm, das der Mutter bereits nach wenigen Stunden folgt.
Nahrung
Muffelwild ernährt sich überwiegend von Gräsern, Blättern von Bäumen und Sträuchern, Kräutern, Samen und Feldfrüchten. Bis zu 35% der Nahrung können Gehölze ausmachen.
Feinde
Neben wildernden Hunden hat Muffelwild kaum Feinde. Füchse und Schwarzwild reißen gelegentlich schwache oder neugeborene Lämmer.
Jagd
Die Jagd auf Muffelwild ist meist sehr anspruchsvoll, da das Wild unberechenbar ist und kaum feste Wechsel einhält. Die häufigste Jagdart ist der Ansitz. Beim Pirschen sollten vorab Pirschsteige angelegt und unter Berücksichtigung des Windes vorsichtig begangen werden. Auch die Pirschfahrt mit dem Pferdewagen kann erfolgreich sein. Muffelwildbestände sollten auch außerhalb der Jagdzeit intensiv beobachtet werden, um Einwachser und Scheurer frühzeitig zu erkennen und zu erlegen.
Trophäenbewertung
Bei der Bewertung der Stirnwaffen werden Schneckenlänge, Durchmesser an der Basis, im ersten und zweiten Drittel sowie die Auslage gemessen. Zusätzliche Punkte gibt es für die Farbe (schwarz), Rillung (dicht und fein) und Drehung.
Jägersprache
Männliche Stücke:
1. Lebensjahr: Widderlamm
2. Lebensjahr: einjähriger Widder, Jährlingswidder
3. Lebensjahr: zweijähriger Widder usw.
Weibliche Stücke:
1. Lebensjahr: Schaflamm
2. Lebensjahr: Schmalschaf
3. Lebensjahr: Schaf, Wildschaf
Weitere Begriffe:
Stirnwaffen der Widder: Schnecken
Stirnwaffen der Schafe: Stümpfe
Einzelnes Horn: Schlauch
Weißer Sattelfleck: Schabracke
Blöken: Blähen
Weitere Begriffe wie beim Rotwild.
