Jagdliches Brauchtum

Waidgerechtigkeit

Streckelegen Foto:MS <br>
Streckelegen Foto:MS

Bei der Jagdausübung müssen die allgemein anerkannten Grundsätze der deutschen Waidgerechtigkeit beachtet werden.

Laut Bundesjagdgesetz (BJG) kann Personen, die schwer oder wiederholt gegen diese Grundsätze verstoßen haben, der Jagdschein verweigert werden.

Der Begriff "Waidgerechtigkeit" umfasst alle geschriebenen und ungeschriebenen Regeln, die der Jäger aus Respekt vor dem Wild befolgen muss. Dazu gehören:

  • Dem Wild unnötige Qualen ersparen (Tierschutzaspekte)
  • Dem Wild eine Chance geben
  • Das Wild als Mitgeschöpf der Natur achten und sich als Jäger anständig verhalten
  • Dem Ansehen der Jäger in der Öffentlichkeit nicht schaden

Die Grundsätze der Waidgerechtigkeit spiegeln sich in verschiedenen Verboten wider, die in den Katalogen der "sachlichen Verbote" des BJG und der Landesjagdgesetze aufgeführt sind. Diese dienen dazu, dem Wild eine faire Chance zu geben und ihm unnötige Qualen zu ersparen.

Verboten ist:

  • Schalenwild mit Schrot zu erlegen
  • Mit Bolzen und Pfeilen auf Wild zu schießen
  • Wild mit Schlingen zu fangen
  • Wild mit vollautomatischen Selbstladewaffen zu erlegen
  • Wild aus Kraftfahrzeugen zu erlegen
  • Wild durch Lappen am Aufsuchen der Einstände zu hindern

Bestandteile des Brauchtums

  • Bruchzeichen: Abgebrochene grüne Zweige zur lautlosen Verständigung unter Jägern.
  • Jagdliche Signale: Zur Koordination des Jagdablaufs (Jagd-Leit-Signale) oder als dekorative Signale.
  • Jagdarten: Einzel- und Gesellschaftsjagden.
  • Gebrauche nach dem Schuss: Versorgung, Transport, Strecke legen.
  • Jägersprache und Jägerlieder.

Grundlagen Brauchtum

-      Über Jahrhunderte gewachsene Traditionen

-      Pflege der Waidmannssprache, der Jagdsignale, des Streckelegens und der Bruchzeichen

Waidgerechtigkeit

Ungeschrieben:

-      Umgang mit dem Wild als Mitgeschöpf

-      Umgang mit Mitjägern und der Öffentlichkeit

-      Ethisch-moralisch korrektes Verhalten

-      Dem Wild eine Chance geben

-      Aus der Historie sowie dem aktuellen Zeitgeist heraus bestimmt

Trophäenschau

-      Gesetzlich in einigen Ländern vorgeschrieben

-      Dient auch dem Brauchtum

-      Vergleichbarkeit der Hegemaßnahmen möglich

Jagd in der Geschichte

Bis 800 n. Chr.:

-       Freier Tierfang

Ab etwa 800 n. Chr.:

-      Sonderstellung der Könige durch Bannwälder (vom freien Tierfang ausgenommen)

-      Jagdregal, alleiniges Jagdrecht für Kaiser und Könige

-      Eingestellte Jagden und Prunkjagden bis Anfang des 19. Jahrhundert

-      „Durch die Lappen gehen“

-      Das Jagdrecht: Ab 1848 untrennbar mit Grund und Boden vereint: „Reviersystem“,                zuvor: Jagdregal

-      Totenwacht: Verweilen am erlegten Stück (etwa 60 Jahre alt)

Walter Frevert:

-      Forstmann, Schriftsteller, Kriegsverbrecher

-      Schrieb: „Das jagdliche Brauchtum, dieses wurde 1936 von Hermann Göring, damaligem Reichsjägermeister in Auftrag gegeben.“

Die Hirschgerechten Zeichen

-      Noch bis in die 1960 Jahre war die Kenntnis der 72 hirschgerechte Zeichen Bestandteil der Berufsjägerlehre.

-      24 trittlose hirschgerechten Zeichen, z. B. der Widergang, der Kirchgang, die Himmelsspur

-      48 trittgebundene hirschgerechten Zeichen, z. B. das Bleizeichen, der Burgstall

Die Wolfsangel

Wolfsangel
Wolfsangel

-      Altes Zeichen der hannoverschen Jäger, des Verein DD und Logo einiger Jägerschaften

-      Im Forstbereich auch als Grenzmarkierung eingesetzt

-      Bereits im 8. Jahrhundert wurden nachweislich Wolfsangeln zum Fang von Wölfen verwendet

-      1617 wurde die Funktion der Wolfsangel so beschrieben: „Ein Wolffs Angel, die man hengt und ein Aas daran thuet, wenn das Thier danach springt, so bleibt es mit dem Maul davon hängen.“

Bruchzeichen

Bruchzeichen sind abgebrochene Zweige, die zur lautlosen Verständigung der Jäger dienen. Normalerweise werden Zweige von bruchgerechten Holzarten verwendet, in Ermangelung dessen können auch andere Zweige genutzt werden.

Bruchgerechte Holzarten: Fichte, Kiefer, Tanne, Eiche, Erle.

Arten von Brüchen:

  • Armlange und halbarmlange Brüche
  • Abgeastete Brüche (Äste teilweise entfernt)
  • Nicht abgeastete Brüche
  • Befegte Brüche (Rinde abgeschabt)
  • Unbefegte Brüche

Verständigungsbrüche:

Hauptbruch: Weist auf etwas Wichtiges hin (z.B. Anschuss), armlang und befegt.

Der Hauptbruch
Der Hauptbruch

Leitbruch (oder Folgebruch): Aufforderung, der gewachsenen Spitze zu folgen, halbarmlang und befegt.

Der Leitbruch
Der Leitbruch

Warnbruch: Warnt vor einer Gefahr, mindestens armlang, abgeastet und befegt, zu einem Kreis gebogen und gut sichtbar aufgehängt.

Der Warnbruch
Der Warnbruch

Standplatzbruch: Markiert den Standplatz (Schützenstand bei Gesellschaftsjagd), armlang, abgeastet und in den Boden gesteckt.

Der Standplatzbruch
Der Standplatzbruch

Wartebruch: Aufforderung zu warten, zwei halbarmlange unbearbeitete Zweige über Kreuz auf den Boden gelegt.

Der Vartebruch
Der Vartebruch

Sammelplatzbruch: Markiert einen Sammelplatz, drei Wartebrüche nebeneinander auf den Boden gelegt.

Warten aufgegeben: Zeigt an, dass das Warten aufgegeben wurde, abgeleitet vom Wartebruch, halbarmlang und abgeastet.

Anschussbruch: Markiert den Anschuss, halbarmlang, unbearbeitet und in den Boden gesteckt.

Der Anschussbruch
Der Anschussbruch

Fährtenbruch: Markiert die Fluchtrichtung angeschweißten Wildes, halbarmlanger Bruch, auf den Boden gelegt und mit kleinem Querbruch geäftert; Querbruch liegt entgegen der Fluchtrichtung. Varianten: Bei männlichem Wild zeigt die gebrochene Spitze in Fluchtrichtung, bei weiblichem Wild die gewachsene Spitze. Wenn die Fluchtrichtung unbekannt ist, wird doppelt geäftert (zwei kleine Querbrüche).

Der Fährtenbruch
Der Fährtenbruch

Streckenbrüche:

Inbesitznahmebruch: Zeigt an, dass das Wild in Besitz genommen wurde, kleiner Bruch auf der linken Körperseite des Wildes (bei männlichem Wild zeigt die gebrochene Spitze Richtung Haupt, bei weiblichem Wild die gewachsene Spitze).

Letzter Bissen: Eine Ehrung für das erlegte Schalenwild, kleiner Bruch, unbearbeitet längs oder quer in den Äser gesteckt.

Schützen- oder Erlegerbruch: Anerkennung für den erfolgreichen Jäger, kleiner Bruch (mit etwas Schweiß benetzt) wird vom Jagdleiter überreicht oder auf der blanken Klinge (linke Hand) mit dem Gruß „Waidmannsheil“. Der Schütze nimmt den Bruch mit „Waidmannsdank“ und steckt ihn an die rechte Hutseite. Ein Trauerbruch wird links getragen.

Erlegerbruch
Erlegerbruch

Bruch für den Jagdhund: Anerkennung für erfolgreiche Nachsuche, ein kleiner Teil des Schützenbruches wird dem Hund an die Halsung gesteckt.

Markieren von Anschüssen:
Anschüsse werden meist durch eine Kombination von Bruchzeichen markiert:

Anschussbruch

Fährtenbruch

Einfache oder doppelte Äfterung

Anschuss- und Fährtenbrüche sind leicht zu übersehen.

Heute werden aus diesem Grund Anschuss- oder Markierbänder aus Zellstoff genutzt.

Bruchzeichen heute:

-      Ein langes, gut sichtbar aufgehängtes Band zeigt den Anschuss.

-      Ein weiteres kleines zeigt die Fluchtrichtung.

-      Das kleine Band zeigt im Fährtenverlauf vom Anschuss aus die Fluchtrichtung, sofern bekannt.

-      Möglich: Klassisch verbrochen mit Anschussbruch und geäftertem Fährtenbruch, zusätzlich ist der Anschussbruch mit Band markiert, um sicher gefunden zu werden.

Jagdsignale

Das Jagdhorn:

-      Jagdhorn dient der Verständigung!

-      Heute meist durch Funk ersetzt

-      Als brauchtumsgerechte Untermalung der Gesellschaftsjagd

Formen von Jagdhörnern

-      Fürst Pless Horn in B

-      Taschenhorn

-      Parforcehorn

-      Sauerländer Halbmond

Jagdsignale

-      Jagdleitsignale

-      Totsignale

-      Allgemeine Signale

Die drei wichtigen Jagdleitsignale

1.    Anblasen des Treibens

2.    Aufhören zu Schießen (Hahn in Ruh)

3.    Treiber in den Kessel

Allgemeine und Totsignale Reihenfolge bei einer Jagd

-      Sammeln

-      Begrüßung

-      Aufbruch zur Jagd

-      (Jagd mit den entsprechenden Leitsignalen)

-      Totsignale

-      Jagd vorbei – Halali

-      Zum Essen

-      Merkverse der drei wichtigen Jagdleitsignale:

Anblasen

-      Das Ganze: „Hört al-le her“

-      „Treiber geht langsam voran! Treiber geht langsam voran! Treiber geht langsam voran! Treiber fangt an!“

Aufhören zu Schießen (Hahn in Ruh):

-      „Hahn in Ruh – Hahn in Ruh!“

Treiber in den Kessel:

-      „Treiber rein, Treiber rein, alle Schützen halt!“

Signale

1.    Kommando-Signale oder Jagd-Leit-Signale (Aufforderung):

-      Anblasen

-      Abblasen (Hahn in Ruh)

-      Treiber zurücktreiben

-      Treiber in den Kessel

-      Sammeln der Jäger

-      Jägernotruf (auch mit der Waffe)

2.    Dekorative Signale:

-      Begrüßung

-      Aufbruch zur Jagd

-      Totsignale

-      Jagd vorbei / Halali

-      Zum Essen (Schüsseltreiben)

Streckelegen

Allgemeine Regeln:

  • Alles Wild liegt auf der rechten Körperseite.
  • Der Jagdherr (Jagdleiter) steht vor der Strecke.
  • Schützen stehen mit geöffneter Waffe und Hut hinter dem Jagdherrn.
  • Bläser stehen hinter der Strecke.
  • Treiber stehen hinter den Bläsern.
  • Das Legen der Strecke erfolgt reihenweise der Stärke nach (Schalenwild: männlich vor weiblich).
  • Hochwild vor Niederwild / Cerviden vor Boviden / Feldhühner vor Wasserwild.
  • Jedes 10. Stück in der Reihe wird eine halbe Wildlänge vorgezogen.
Strecke wird verblasen Foto:MS
Strecke wird verblasen Foto:MS

Hochwildstrecke

Hochwildstrecke
Hochwildstrecke

Niederwildstrecke

Niederwildstrecke
Niederwildstrecke

Nach dem Streckelegen

  • Überreichung der Schützenbrüche durch den Jagdleiter.
  • Verblasen der Strecke: Totsignale (entsprechend der Reihenfolge der Strecke).
  • Abschließend die Signale „Jagd vorbei“, „Halali“ und „Zum Essen“ (Schüsseltreiben).

Vor und nach dem Schuss

Nach den Grundsätzen der Waidgerechtigkeit ist es das oberste Gebot, dem Wild unnötige Qualen zu ersparen. Das Wild sollte möglichst tödlich getroffen werden und vor Ort schnell verenden. Da dies nicht immer gelingt, müssen bereits vor dem Schuss Vorkehrungen getroffen werden, die das Auffinden des Wildes nach einer Flucht erleichtern.

Jagdliches Brauchtum
Kategorie: Jagdbetrieb