Wildschaden

Alle Wildarten Mitteleuropas leben heute in einer Kulturlandschaft, die über Jahrtausende gewachsen und heute intensiv genutzt wird (Land- und Forstwirtschaft, Freizeit). Besonders Kulturfolger unter den Wildtieren nutzen diese veränderte Umwelt und ernähren sich teilweise von dort wachsenden Nutzpflanzen. Grundeigentümer land-, forst- und fischereiwirtschaftlich genutzter Flächen erkennen das Lebensrecht dieser Wildtiere als Verpflichtung gegenüber der Lebensgemeinschaft an. Erst wenn die Tiere bei der Nahrungsaufnahme oder durch bestimmtes Verhalten unzumutbare Grenzen überschreiten, spricht man von Wildschaden.

Wildschäden betreffen in erster Linie wirtschaftliche Schäden an Grundstücken, Nutzpflanzen und Erzeugnissen sowie Haustieren, beispielsweise Hausgeflügel. Diese Schäden können durch überhöhte Wildbestände aufgrund von Überhege entstehen oder durch unzureichende natürliche Nahrung, besonders in Monokulturen. Scheue Wildarten wie Rotwild verursachen oft erhebliche Schäden, da sie durch Freizeitaktivitäten in ihrem Lebensraum gestört werden und ihre Einstände nicht verlassen können.

Schadensanerkennung

Obwohl das Verfahren bei Wildschäden im Bundesjagdgesetz und den Länderbestimmungen klar geregelt ist, treten bei der Beurteilung der unterschiedlichen Erscheinungsbilder oft Probleme auf. Zur Minimierung von Wildschäden in der Land- und Forstwirtschaft gibt es wirksame Methoden der Schadensverhütung. Diese Maßnahmen sind jedoch nur erfolgreich, wenn der tatsächliche Schadensverursacher genau bekannt ist. Das kann schwierig sein, da neben den ersatzpflichtigen Wildarten auch freilebende Tiere wie Hasen, Wildtauben und Rabenvögel Schäden verursachen können, für die keine Ersatzpflicht besteht. Krankheiten, Insekten, Keimunfähigkeit und Witterungseinflüsse können ebenfalls das Pflanzenwachstum beeinflussen. Eine genaue Beobachtung und gute Kenntnisse des land- und forstwirtschaftlichen Bereiches sowie der Lebensgewohnheiten und Ernährungsweise des Wildes sind notwendig, um Schäden an Pflanzen richtig zu beurteilen.

Verbißschäden

Verbißschäden an jungen Laub- und Nadelbäumen werden von Rot-, Dam-, Sika-, Reh-, Muffel- und Gamswild sowie von Hasen und Wildkaninchen verursacht. Besonders gravierend sind die Schäden durch Rot- und Rehwild. Man unterscheidet zwischen Sommer- und Winterverbißschäden, wobei Winterverbiß am häufigsten auftritt. Das Schalenwild beißt zunächst die vertikal wachsenden Triebe ab, was das Höhenwachstum der Bäume hemmt. Wildkaninchen hingegen verbeißen überwiegend die horizontal wachsenden Triebe, was weniger schwerwiegende Schäden verursacht. Die Bissstellen lassen sich an den Zahnspuren unterscheiden: Rehwild hinterlässt glatte, abgeschnittene Ränder, während die Bisse von Hasen und Kaninchen glatte Schrägschnitte sind.

Schälschäden

Sommerschälschaden
Sommerschälschaden

Schälschäden entstehen durch das Abreißen der Rinde von Bäumen und Sträuchern, verursacht von Rot-, Dam-, Sika- und Muffelwild sowie von Hasen, Kaninchen und Mäusen. Ursachen sind Hunger, Langeweile und Stress. Rotwild schält besonders auffällig und schwerwiegend in einer Höhe von 90-150 cm, wobei Fichten, Kiefern und Rotbuchen betroffen sind. Damwild meidet Fichten, schält aber Kiefern und Eschen. Muffelwild schält selten, kann aber erhebliche Schäden an älteren Bäumen verursachen. Hasen und Kaninchen schälen oft Obstbäume im Winter, wobei ihre Zahnspuren an der Breite zu erkennen sind.

Schlag- und Fegeschäden

Fegeschaden
Fegeschaden

Cerviden schieben jährlich ein neues Geweih, das zu verschiedenen Zeiten gefegt wird. Rehböcke fegen von Mitte März bis Anfang Mai, während Rot- und Damwild im Sommer zwischen Juli und September fegt. Dabei reiben sie ihre Geweihe an jungen Bäumen, was die Rinde in einer Höhe von 20-80 cm beschädigt und zum Absterben der Bäume führen kann. Schlagschäden entstehen durch das Schlagen des Geweihs in die Kronen jüngerer Bäume.

Feldschäden

Frisch eingesäte Getreidefelder sind durch körnerfressende Vögel wie Haus- und Wildtauben, Rabenvögel und Fasanen und Wildscheinen gefährdet. Bei Maissaaten kommen auch Ratten, Hamster, Mäuse, Kaninchen und Sauen als Verursacher in Betracht. Schwarzwildschäden sind leicht zu erkennen, bei anderen Schäden ist eine genaue Untersuchung notwendig. Körnerreifes Getreide wird von den meisten Wildarten angenommen, aber erhebliche Schäden verursachen Rot-, Dam- und Schwarzwild. Hackfrüchte und Sonderkulturen sind besonders durch Hasen und Wildkaninchen gefährdet. Schwarzwild verursacht Schäden an Knollenfrüchten wie Kartoffeln, besonders in Dürreperioden.

Wühlschaden
Wühlschaden

Wiesenschäden

Wisenschäden entstehen in erster Linie durch Sauen, durch das umgraben der Wiese entstehen große Löcher, die das Mähen der Wiese erschweren. Durch die unebenheiten wird das Heu verunreinigt und hat somit eine schlechtere Qualität.

Schadensverhütung

Die meisten Wildschäden entstehen durch mangelnde natürliche Nahrung. Zusätzliche Nahrungsquellen wie Wildäcker und gezielte Ablenkungsfütterungen sowie die Einhaltung angemessener Wilddichten sind wichtige vorbeugende Maßnahmen. Mechanische, chemische und biologische Prophylaxemittel bieten ebenfalls gute Möglichkeiten zur Schadensabwehr.

Verbesserung des natürlichen Äsungsangebotes: Die Anlage von Äsungsflächen und Verbißgärten sowie das Anbieten von Proßholz können Wildschäden erheblich reduzieren. Wildäcker und Wildwiesen innerhalb der Einstände können Hochwild von den Feldfluren ablenken. Gefälltes Holz und Schnittreiser sollten ins Revier gebracht werden.

Ablenkungsfütterung: Gezielte Ablenkungsfütterung kann Wild von gefährdeten Feldern abhalten. Besonders Schwarzwild und Fasanen lassen sich leicht ablenken. Während der Aussaat von Mais und nach dem Pflanzen von Kartoffeln sollten Sauen täglich mit Mais oder Kartoffeln gefüttert werden. Eiweißreiches Futter im Spätwinter und Frühjahr kann Schwarzwildschäden auf Wiesen und Viehweiden verhindern.

Ablenkungsfütterung <br>
Ablenkungsfütterung

Verwittrungs- und Vergällungsmittel: Geruchsintensive Verwittrungs- und geschmacksmindernde Vergällungsmittel werden seit langem zur Wildschadensabwehr eingesetzt. Chemische Mittel bieten besseren und länger anhaltenden Schutz. Forstpflanzen sollten im Herbst gegen Winterverbiß behandelt werden. Schälschutzmittel können Fichtenstämme vor Rotwild schützen.

Abgatterung: Feldschutzzäune entlang der Waldgrenzen von Hochwildrevieren verhindern sicher Feldschäden, sind aber oft kostspielig. Abgatterungen innerhalb der Waldgebiete, besonders bei Naturverjüngungen, sind oft unumgänglich. Knotengittergeflecht ist dabei am effektivsten.

Einzelschutzmaßnahmen <br>
Einzelschutzmaßnahmen

Elektrozaun: Elektrozäune sind besonders wirksam gegen Rot-, Dam- und Schwarzwild. Die Drähte sollten in der richtigen Höhe gespannt und mit gut funktionierenden Stromquellen betrieben werden. Sichtbare Markierungen wie Stofflappen oder Folienbänder machen den Zaun für das Wild erkennbar.

Einfache, mechanische Verhütungsmittel: Mechanische Mittel wie Drahthosen um Obstbäume oder Spaltpfähle zur Vermeidung von Fegeschäden sind einfach und effektiv. Kunststoffnetze und das Aufrauhen der Rinde können Schälschäden verhindern.

Scheuchmittel: Scheuchmittel sind nur kurzfristig wirksam, können aber zur Jungwildrettung eingesetzt werden. Auffällige Scheuchen wie Schreckballons oder Blinklichter können Rehkitze vor dem Mähdrescher schützen.

Wintergatter

In schneereichen Bergwäldern ist eine zusätzliche Winterfütterung des Rotwilds notwendig, um Hunger- und Kältetod zu vermeiden. Wintergatter, meist 30-50 ha groß, reduzieren Schäl- und Verbißschäden, indem das Wild innerhalb der Gatter bis zum Beginn der Vegetationsphase gefüttert wird.

Winterfütterung <br>
Winterfütterung
Wildschaden
Kategorie: Wald- und Landbau